Schatz auf der Festplatte – Ur-Version des neuen Erui Romans

Guten Morgen ihr Lieben,

 

Der Einstieg ins Schreiben beginnt bei mir immer mit der Ur-Verseion

Während der Axolotlkönig sich so langsam in die Herzen von immer mehr Lesern schleicht, ruft nach meinem Herz derzeit Erui wieder ganz laut. Die Muse, die mich nach dem letzten NaNoWriMo total im Stich gelassen hatte, klopft seit einigen Tagen wieder an. Erst recht zaghaft, doch mittlerweile zieht sie meine Aufmerksamkeit mit voller Macht zurück in meine geliebte Gedankenwelt.

Ein wenig schwankt das wankelmütige ding dabei zwischen „Das Blut der alten Zeit“ und „Das Herz des blauen Drachen“. Da allerdings auch Kreativität ein bisschen Disziplin braucht, und der Termin für das Cover-Making vom Drachenherz schon feststeht, will ich zuerst die Geschichte der vier Heiligen Wächter weiterschreiben.

 

100.000 wirre Worte, die nun geordnet werde müssen.

Im NaNo 2015 habe ich dieses Projekt ja begonnen. Es hat sich damals einfach richtig angefühlt, obwohl „Sternenstaub“ noch gar nicht fertig war und somit die Sternenlied-Saga noch ihren Abschluss brauchte.

Das war aber gar nicht schlimm. Im Gegenteil. Beide Projekte gleichzeitig zu schreiben gab mir die Möglichkeit, mich mit dem Werdegang der Figuren zu befassen, die am Ende so essentiell am Schicksal meines Sterns mittragen. Die Wächter bleiben dabei im Hintergrund. Gerade Gwendolyn verliert im letzten Band deutlich an Sympathie. Nicht allerdings bei meiner Protagonistin.

 

Als Fenia erkennt, was Gwendolyns Handeln antreibt, konnte auch ich ihr nicht mehr böse sein.

 

Die Herrin von Nualschadan war von Anfang an als ambivalente Figur geplant, die mehr oder weniger ihrer eigenen Agenda folgt. Auch wenn sie große Macht hat, fehlt ihr doch letzten Endes das völlige Vertrauen in den Himmel, in ihre Welt und auch in Fenia. Das macht sie zu Fenias größter Bedrohung, denn ohne Gwens Handeln hätte der Schatten nicht erneut Einfluss über den Stern gewonnen.

Dabei hat Gwen ein gutes und mildes Herz. Sie ist liebevoll und sorgend. Ihre Familie stand einst bei ihr an erster Stelle.

 

Wichtig war für mich, dass ich selbst begriff, was Ewigkeit bedeutet.

Ewige Herrin. Ewige Wächter.

Gefangen im Fluch des Himmels, den sie sich selbst aufluden.

Zunächst einmal klang das alles fern. Aber je mehr der Sternenstaub damals seiner Vollendung entgegenstrebte, umso mehr führte es mich auch in jene Tage, als Mendric ein junger Mann gewesen ist. Mächtig, kraftstrotzend. Erwählt und sorgfältig vorbereitet für die Aufgabe, die ihm zuteil wurde.

Gwen, das junge Mädchen. Unsicher und verloren. Schon mit so viel Leid und so viel Schuld beladen trifft ihn, den Mentor. Doch es kommt alles ganz anders. Es ist der blauen Drache, der das Feuer in Gwens Seele weckt und ihr hilft, ihre Stärke zu finden.

Es hat sich eine ganz eigene Dynamik zwischen diesen Figuren entwickelt, die sich kaum in zwei Sätzen zusammenfassen lässt.

 

Die Essenz der Geschichte lag allerdings schon in der ersten Version, die ich vor 6 Jahren begann.

 

Vor  rund 6 Jahren hatte ich allerdings schon einmal eine Version begonnen. Da war mir gerade klargeworden, welchen Weg Gwen hinter sich hatte. Warum ihre Macht und ihr Streben sie stets in die falsche Richtung führten. Von dieser Version ist nicht mehr übrig geblieben, als das Gefühl, das mir Gwen damals vermittelt hat. Dennoch möchte ich sie euch nicht vorenthalten.

 

1.

Ich weiß noch, es war kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag, als sie mich einweihten. Ich hatte meinen nunmehr zwanzigsten Sommer in Nualschadan verbracht und ich wusste, der Tag meiner Weihe lag nicht mehr fern.

Dennoch wollte Ada mich wissen lassen, welcher Weg mir bevorstand, ehe ich mich endgültig für die Gemeinschaft entschied. Nach diesem Scheideweg, würde es kein Zurück mehr für mich geben. Dessen war ich mir bewusst. Ich war mir allerdings auch ganz sicher, dass es kein Geheimnis der Welt gab, welches mich davon abgehalten hätte, Priesterin in der Gemeinschaft des Mondes zu werden.

Ich war als drittälteste von sieben Schwestern in einer kleinen Siedlung in den westlichen Bergen zur Welt gekommen. Als ich zehn war starb meine Mutter bei der Geburt der jüngsten, Ilani. Vater hatte es schwer, uns alle durch diesen ersten Winter zu bringen. Wir wurden alle schlimm krank. Solja und Niska, meine älteren Schwestern starben an dem Fieber, Liri im Frühjahr darauf an der Unterernährung.

Ich tat mein Möglichstes, doch ich konnte ihnen nicht helfen. Als Vater im Jahr darauf in den Bergen verunglückte, während er die Ziegen zu ihren Weiden auftrieb, und wir in die größere Siedlung am Rand der Berge zogen, hörte ich das erste Mal von den heiligen Schwestern.

Die Gabe zu heilen faszinierte mich so sehr, wie die Aussicht darauf, die Elemente zu kontrollieren.

Wie viel einfacher würde es für mich werden, meine drei kleinen Schwestern zu versorgen. Einmal als Schwester der Gemeinschaft zurückgekehrt, würde ich großes Ansehen genießen und gutes Geld verdienen können mit meinen Fähigkeiten.

Das zumindest war mein Plan. Die altruistische Einstellung der meisten Ordensmitglieder hatte in all den Jahren nicht auf mich abgefärbt und ich sah den Weg einer Priesterin mehr als Beruf, nicht als Berufung.

Somit schockierte mich umso mehr, was die ältere Schwester mir zu sagen hatte:

Du bist ein kluges und fleißiges Mädchen, Gwendolyn, das brauche ich dir ja sicher nicht sagen.“

Ich nickte stumm. Ich ahnte es schon seit einem halben Mond und nun, da sie es mir tatsächlich verkünden würden, saß ich einfach nur still und hörte, ohne sie zu unterbrechen.

Du weißt sicher auch, warum ich heute mit dir spreche.“

Wieder nickte ich bloß. Sag es, dachte ich ungeduldig. Sag es doch endlich.

Du hast bei uns alles gelernt, was wir dich lehren konnten. Du hast Demut und Genügsamkeit bewiesen und der Lohn soll nun nicht ausbleiben. Wenn der Mond sich das nächste Mal rundet, wirst du in den Kreis der heiligen Schwestern aufgenommen werden.“

Nur kurz flog ein Lächeln über mein Gesicht, denn auch das hatte man mich gelehrt: Man musste sich immer in der Kontrolle haben. Gefühle durften einen nicht regieren.

Ja, die alte Ada hatte mit mir eine der gewissenhaftesten Schülerinnen gehabt. Ich ließ, die Pause, die Bergund mir gab, um etwas zu sagen, also ungenutzt verstreichen und atmete nur innerlich erleichtert auf. Ich hatte mich so sehr auf zu Hause gefreut. All die Sommer. Kein anderer Wunsch in mir war so glühend gewesen.

Die Priesterin vor mir, die uns allen nur als rechte Hand Adas und Stimme der Mondmaid bekannt war, sah mich lange prüfend an.

Willst du denn gar nichts weiter dazu sagen, Kind?“, fragte sie und ich sah irritiert in die faltigen grauen Augen. So fürsorglich kannte ich sie gar nicht.

Was gibt es da zu sagen? Das ist es, wofür ich her kam. Ich hatte nie einen Grund daran zu zweifeln, dass ich meinen Weg gehen würde.“

Nein, Gwen, das hattest du gewiss nicht.“

Nachdenklich wanderten ihre Augen zum Tempel, hinter dem eine flammende Sonne sich gerade zur Nachtruhe neigte.

Ich habe mich in all den Sommern, die du bei uns bist nur manches Mal gefragt, warum du zu uns kamst.“

Ich verstand ihre Frage nicht. Hatte ich ihr das nicht gerade gesagt?

Du wolltest Priesterin werden, gewiss. Doch wieso?“

Ich schwieg. Ada hatte das damals nicht wissen wollen und ich hatte nur allzu gern darauf verzichtet, es zu erläutern.

Gwen, auch wenn die Herrin nie fragte, so weiß sie wohl, wie es um dein Herz bestellt ist.“

Komisch, dass sie stets genau meine Gedanke aufgriff. Ich begann zu ahnen, dass Bergund die Kräfte nutzte, die sie innerhalb der Gemeinschaft so besonders machten, und ich wurde wütend. Man hatte mich nie gelehrt, meinen Geist gegen den Zugriff von außen zu verschließen. Doch ich entsann mich auch meiner Ausbildung. Vielleicht, so dachte ich, war dies ein Test, ob ich mich tatsächlich unter Kontrolle hatte.

Ja, so musste es sein.

Mein Zorn ebbte also ab und ich fragte, ohne eine Miene zu verziehen: „Warum sprecht ihr nicht offen, wenn ihr auf etwas bestimmtes hinaus wollt?“

Wieder musterte sie mich mit diesem langen durchdringenden Blick. Fast kam es mir vor, als wäre ich ihr unheimlich.

Nun, ich verstehe dich zwar nicht immer, Kind, doch ich verstehe die Wahl meiner Herrin nun immer mehr. Du bist für dein Alter unglaublich diszipliniert. Dein Geist ist stark. Dennoch scheinst du nicht den Ehrgeiz zu besitzen, den ich bei anderen unserer Novizinnen beobachten konnte. Ada hat Recht. Du bist schon fast zu perfekt.“

Ich nahm ihre Worte als Lob und wartete gespannt, was weiter kommen würde, denn offensichtlich war da noch mehr, als nur meine Weihe, die sie mir verkünden wollte.

Ich sehe das wohl anders, als die Herrin, denn ich sehe in dir zwar Fleiß und Strebsamkeit, doch keine Hingabe. Du magst alles können, was eine Priesterin kann. Du hast alle Fähigkeiten, die wir fordern. Doch sehe ich dich nicht im Dienst der Allmacht des Himmels.“

Diese harsche Kritik kam unerwartet und ich wollte protestieren, doch sie ließ mich nicht zu Wort kommen.

Lass gut sein, Gwen. Du brauchst nicht fürchten, ich stünde deinem Wunsch im Wege. Im Gegenteil. Auch wenn ich in dir das Licht unseres Glaubens nicht brennen spüre, so muss ich mich doch dem Willen der Herrin beugen. Viel mehr noch als das, muss ich mich auch dem Willen der Mondmaid beugen. Deine Weihe Gwen, wird keine normale Weihe werden. Denn gestern Nacht offenbarte sich mir dein Weg.“

Ich schluckte. Bergund sah nicht den Weg jeder Priesterin voraus. Denn nicht jede von uns war wichtig. Mir schwante nichts Gutes.

Gwendolyn, was Ada schon lange ahnt, das habe ich im Willen der Mondmaid bestätigt gefunden. Zum nächsten Vollmond soll mit deiner Weihe der Weg der nächsten Hohepriesterin für dich beginnen. So will es die Herrin des Mondtempels, so will es der Himmel höchstselbst. Ich hoffe du weißt, welche Ehre das für dich bedeutet, und welch große Aufgabe dir damit anvertraut wird.“

Damit stand Bergund auf und ließ mich allein auf der Bank vor dem Haus der Schülerinnen zurück.

Im ersten Moment waren meine Gedanken viel zu überrumpelt, um fassen zu können, was sie mir da gerade eröffnet hatte. Ich saß einfach da und starrte auf meine Fußspitzen. Dann mit einem Mal kam die Erkenntnis bei mir an. Mein Herz tat einen Sprung.

Ich, die nächste Hohepriesterin? Herrin von Nualschadan?

Aber das ging doch nicht!

Ich wollte aufspringen und ihr hinterherlaufen. Meine jungen, flinken Beine hätten die ältere Frau im Nu einholen können. Ich tat es aber nicht. Die eiserne Disziplin, die man mir beigebracht hatte, hieß mich stillhalten.

Wenn es Adas Wille war, musste ich mich dem fügen. Ich hatte diesen Weg schließlich eingeschlagen, somit gab es auch kein Zurück.

Außerdem, beruhigte ich mich selbst, konnte ich meinen Schwestern nicht noch besser helfen, wenn ich nicht bloß Priesterin, sondern Hohepriesterin werden würde?

Mit diesen Gedanken zog ich das blaue Tuch um meine nackten Schultern. Der Abendwind war kühl geworden und die dünnen Roben, die wir Schülerinnen trugen wärmten nicht mehr zu dieser Jahreszeit.

Es war wirklich Zeit für mich, sie zu wechseln.

Erste Versuch „Das Herz des blauen Drachen“ von 2011

Es macht wirklich Spaß und hilft einem, den Fokus zu finden, wenn man sich selbst mit der Entwicklung der Geschichte im eigenen Kopf beschäftigt.

Ich hoffe, dieser Auszug hat euch gefallen.

Einen schönen Tag,

Sylvia

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