Für manche mögen 500 Likes auf Facebook nicht der Rede wert sein.
Ich finde schon. Denn WOW! 500 Menschen, die in irgendeiner Weise an dem interessiert sind, was ich da schreibe. Und im besten Fall 500, die den Stern wirklich kennen und lieben.
Darum möchte hier DANKE sagen. Danke für die letzten zwei aufregenden Jahre. Danke dafür, dass ihr der Kern der Fangemeinde um meine Bücher seid, ohne den vieles einfach nie passiert wäre. Und weil sich Anfang der Woche schon gewünscht wurde, ich möge euch doch einen längeren auszug aus dem blauen Drachen spendieren, tu ich das hiermit.
Ein Figur, die ja im Stern ein wenig blass hinter manch anderer zurück bleibt, ist Hohepriester Mendric. Er, der weise aber auch alternde Führer des Zirkels. Wo nahm eigentlich sein Weg einmal seinen Anfang? Wie wurde er zum Hohepriester und mit welchen Beweggründen?
Ja, ein bisschen freue ich mich darauf, euch meine Ewigen Wächter in dieser neuen Trilogie in einem ganz anderen Licht präsentieren zu können. Ein wenig hoffe ich, dadurch mehr Verständnis für sie und ihr Handeln im Stern zu bekommen, denn ihre Absichten waren einmal gut und ehrenhaft. Also viel Spaß in einem ganz neuen alten Erui mit vertrauten und doch völlig fremden Persönlichkeiten. 🙂
Ach ja, und weil sie so schön sind, gibt es hier noch ein paar mehr Bilder von Hohepriester Saworno, Mendrics Meister und Mentor im Zirkel der Sonne.
Saworno traten Schweißperlen auf die Stirn. Mendric sah seinen Mentor und Obersten im Kreis der Brüder der Sonne mit besorgtem Blick an. Noch vor Monden wäre ihm das nicht passiert. Da war der alte Armati noch der Inbegriff von Kraft und Magie gewesen. Nachdem er von seiner letzten Reise zum Mondtempel in den Sümpfen der Mittlande zurück war, reichte allerdings schon die kleinste Anstrengung ihn aus der Puste zu bringen.
Die Gruppe an Schattenwesen, gegen die sie sich heute zur Wehr setzen mussten, war dabei verhältnismäßig klein. Mendric legte seine Hände wie selbstverständlich neben die des Katzenmannes auf die silbern glänzende Kuppel und sein Zauber floss durch ihn hindurch auf den Schutzwall über. Dieser spannte sich zwischen den beiden hohen Säulen, die wie zwei grimmige Wächter den Eingang ins Tal der Sonne säumten. Von ihren schwarzen Basaltkörpern gingen die Fäden aus, an denen die magische Mauer hochgezogen war, dazu gemacht, Flüchtigen und Verbündeten Einlass zu gewähren, doch alles fern zu halten, was dem Tal und seinen Bewohnern schaden wollte.
Die alptraumhaften Wesen, deren Körper unwirklich dunklen Nebelschwaden gleichkamen, bis an die Zähne bewaffnet und mit rotglühenden Blicken, gehörten dabei ganz gewiss zu letzter Kategorie. Das unermüdliche Einschlagen ihrer Schwerter, Äxte und Morgensterne oder allein der bloßen Schattenfäuste auf die durchscheinende Barriere hatten diese an manchen Stellen gefährlich dünn werden lassen. Mit Mendrics Unterstützung gelang es dem Hohepriester allerdings, sie zu hallten.
Mendric ging sogar noch ein Stück weiter. Er wusste, was die Mauer konnte, wenn der Hohepriester selbst das Netz durch die Rückkopplung seiner Magie zum Schwingen brachte. Er schloss die Augen, suchte nach dem Momentum, aus dem der Meister das fragil wirkende Gebilde gewebt hatte. Er spürte dabei die Angst seiner Brüder, die um sie standen. Keinem entging, dass Sawornos Kraft nicht mehr ausreichte, die Verteidigungsmechanismen zu aktivieren, die er selbst vor vielen Sommern gewoben hatte.
Mendric schob das beklemmende Gefühl beiseite, welches die Luft erfüllte. Angst half ihnen jetzt nicht. Angst half nur denen da draußen, die Einlass begehrten. Das Tal war einer der wenigen Rückzugsorte hier im Westen. Viele Dörfer und Weiler waren längst überrannt. Andere aufgegeben. Doch daran durfte er jetzt nicht denken. Dieser Schutz stand schon, so lange er im Tal lebte. Solange er denken konnte.
Wenn dir die Straßen Sindoreds zu gefährlich geworden sind, dann geh doch und verkriech dich hinter dem silbernen Netz der Priester. Ein geflügeltes Wort dort, wo er einst sein Zuhause gewähnt hatte. Gleichzusetzen mit Flucht und dem Verrat an der eigenen Stadt.
Mendrics Hände bebten. Der Schlag eines eisernen Flegels ging neben seiner linken Hand nieder. Er spürte den Schmerz durch seine Arme fahren bis hinauf in die Schulter. Instinktiv wollte er zurückschrecken. Unter seinen Fingern war ein Riss im Netz entstanden.
Du bist nicht mehr das Kind von damals, durchfloss ihn allerdings direkt der nächste Gedanke. Er wusste, er kam nicht nur aus ihm allein. Dennoch half er.
Nun ebenfalls mit Schweißperlen auf der Stirn, schob er alle störenden Einflüsse von sich fort. Der Junge, der zu schwach gewesen war zum Schwert zu greifen, den gab es nicht mehr. Es gab nur noch ihn, Mendric, den nächsten Hohepriester in der Gemeinschaft von Sonne und Mond.
Diese Gewissheit ließ etwas in ihm auflodern. Unter seinen Füßen bekam er das Gefühl, als würde der Boden selbst glühende Steine gegen seine Sohlen stemmen, um ihm Halt zu geben. Seine ganze Energie stemmte sich gegen die Mauer und das, was sie bedrohte. Er merkte selbst nicht, dass seine Hände zu glühen begannen wie ein Strom aus Lavagestein, der in das silberne Netz floss, sich zwischen die bereits gewebten Fäden goss und jeden einzelnen davon verstärkte. In ihm begann der Ton zu schwingen, aus dem sein Meister den Wall einst erschaffen hatte. Doch er beließ es nicht bei diesem einen. Er fügte weitere Töne seiner eigenen Seele hinzu, nährte den Wall damit, ließ ihn schwingen und vibrieren und im nächsten Augenblick schossen Blitze und heiße Feuerfontänen auf der anderen Seite aus dem Gespinst hervor. Wo sie die Schatten trafen, da lösten sie sich mit einem spitzen hohen Schrei in schwarzen Rauch auf.
Als der Letzte von ihnen sein erbärmliches Dasein ausgehaucht hatte, sank der alte Priester neben ihm schließlich erschöpft nach hinten. Mendric selbst brauchte noch einen Augenblick, um sich von dem neuen Wall zu lösen, der nun nicht mehr nur noch silbrig glänzte. Feuer schien ihn nun zu durchfließen. Seine Brüder wichen ehrfürchtig einen Schritt weit zurück, gaben ihm und Saworno Platz.
Mendric holte ein paarmal tief Luft, bevor er sich schließlich zu seinem Meister umwandte. Zum ersten Mal gewann er beim Blick in dessen Gesicht den Eindruck, dass die ewig zeitlosen Züge auf einmal alt erschienen. Gestern, hätte er schwören können, war der Mann keinen Tag älter gewesen, als am dem Tag, an dem er ihn geweiht hatte und ihm verkündet worden war, dass er in Sawornos Fußstapfen treten würde. Heute war das Fell um seine Mundwinkel angegraut. Die Augen wirkten eingefallen, nicht mehr so strahlend und wachsam. Ihr Grün schien einen trüben Schimmer bekommen zu haben.
Mendric schreckte zurück. Sawornos krallenbesetzte Tatze legte sich auf seinen Arm und tätschelte ihn, wie er es manchmal schon mit ihm gemacht hatte, als er noch jünger gewesen war. „Deine Magie ist stark geworden, Mendric. Ich sehe, du hast dich an meinen Rat gehalten und deine Kräfte jeden Tag geübt.“
Mendric nickte, doch sein Gesicht verzog sich dabei unwillig. „Natürlich habe ich mich jeden Tag geübt, Meister. Diese Abscheulichkeiten lassen ja auch nicht einen Tag lang locker und das schon seit zwei Wochen. Während Ihr weg wart, war es noch einmal schlimmer. Es ist kein Wunder, dass uns die Kraft langsam schwindet.“
„Du meinst wohl, dass mir die Kraft schwindet.“ Mendric wollte protestieren, doch der Alte ließ ihn nicht. „Ah ah ah, Dren, mein Junge. Wir machen uns beide mal besser nichts vor. Wir wissen, doch, dass man einen toten Baum nicht wiederbeleben kann. Doch an seiner Statt kann eine neue Knospe treiben und aufgehen.“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf die pulsierenden Flammen in dem feinen Netz, die deutlicher als alles jeden sehen ließen, wer dieses Tal nun schützte. „Du warst ein junges Stämmchen, immer schwankend im Wind, als ich dich traf, doch jetzt bist du der Baum, unter dessen Krone Eruis Kinder Zuflucht vor dem Sturm suchen werden, welcher über ihnen tobt.“
Mendric neigte ehrerbietig das Haupt. Er wusste, dass sein Meister recht hatte. Er brauchte ihn nur anzusehen und sah, es ging tatsächlich auf sein Ende zu. Hohepriester Saworno würde den Winter nicht überstehen, der vor der Tür stand, und noch vor dem Fest der Sonnenwende würde der Zirkel der Sonne einen Neuen Führer wählen. – Ihn.
So war der Kreislauf seit vielen Jahrtausenden. Seit die sterblichen Völker das Antlitz Eruis betreten hatten. So würde er es einst an seinen Nachfolger weitergeben und der an seinen und so fort. Es gab keinen Grund, darüber in Trauer zu versinken, und dennoch fühlte Mendric, wie ihn der Gedanke grämte.
Behutsam bot er dem alten Priester an, ihn zu stützen, auf ihrem Weg von den äußeren Felsen zurück zur anderen Seite des Tales, wo ihre Wohnhöhlen in den dunklen Stein der Berghänge gemeißelt waren. Das einzige Gebäude, das man nicht den schwarzen Bergen abgetrotzt hatte, war der große Tempel, der unten in der Talsenke auf einem erhöhten Plateau stand. Er war aus dem gleichen weißen Marmor errichtet, aus dem auch der Zwillingstempel in den Sümpfen weit fort von hier gebaut worden war. Die Schwestern des Mondes lebten und lernten dort und gemeinsam mit ihnen waren sie der Orden von Sonne und Mond, die einzige Geistlichkeit, die Erui kannte und brauchte. Denn trotz all seiner unterschiedlichen Völker und ihrer vielen Namen, die sie für die Macht des Himmels hatten, gab es keine Frage darüber, dass es alles nur Gesichter ein und der selben Urgewalt waren. – Jener Kraft, die einst Gar‘Elahad geschaffen hatte, die den Menschen Leben und Weitsicht und Weisheit und Schöpferdrang eingehaucht hatte, um zu sehen, wie sie auf Erden vollbrachten, was die Macht des Himmels im Universum getan hatte. Doch die Menschen waren nicht sorgsam umgegangen mit ihrer Gabe.
Eigentlich, dachte Mendric bitter, wenn er an die Schattenwesen dachte, die die gesamten westlichen Berge und die Lande an ihren Füßen durchstreiften, eigentlich hatten die Menschen ihre Gabe gar nicht verdient. Es war ein Segen gewesen, dass die alten Könige die Verbindung zwischen den Welten unterbrochen hatten. So konnten der Menschen Träume zwar nichts Neues mehr erschaffen, doch ihre Bosheit und ihre Niedertracht war auch nicht in der Lage, den Schatten so schnell weiter zu nähren, wie sie es in der alten Zeit getan hatten.
Saworno schüttelte den Kopf, während er seine gebrechlichen Knochen auf die Schultern des jüngeren Mannes stützte. „Was sind denn das für bittere Gedanken, Dren? Als Oberhaupt unserer Ordens wirst du der Führer dieser Welt sein, vergiss das nie. Sie werden zu dir aufsehen, sich an deine Worte klammern und deinem Beispiel folgen. Wenn du die Menschen verteufelst, werden die Herzen dieser Welt sich von ihnen abkehren.“
„Na und?!“, entfuhr es Mendric wütend. Der alte Mann konnte es bis heute nicht lassen, ungefragt in seinem Geist ein- und auszugehen, und er nannte ihn immer noch bei seinem Kindernamen.
„Und was ist daran so schlecht, Dren?“, fuhr Saworno fort. „Schon in dem Jungen, den alle Dren nannten, konnte ich die Macht erkennen, die heute aus all deinen Taten spricht. Du bist noch immer er und er wird stets ein Teil von dir sein. Das hoffe ich zumindest. Und zu deinem anderen Problem: Die Gabe der Gedankenmagie war immer deine Schwachstelle. Du bist wie ein offenes Buch. Du bist durch und durch ehrlich, trägst dein Herz auf der Zunge und deine Seele in deinen Augen. Dadurch kannst du deine Gefühle nur schwer vor anderen verbergen. Es ist das Letzte, was ich hoffte, dich noch lehren zu können, denn ein Meister im Sonnenzirkel muss sich abschirmen können gegen andere, wenn er dies wünscht.
Aber wer weiß, vielleicht bleibt uns ja noch ein bisschen Zeit. Noch sind meine Tage nicht gezählt.“
Daraufhin schwiegen sie beide und ihre Schritte folgten bloß dem Pfad, bis sie die Versammlungshöhle erreicht hatten. Mendric wollte Saworno eigentlich direkt hinauf in seine privaten Hallen bringen, damit er sich ausruhen konnte. Doch der Alte bestand darauf, mit seinen Brüdern und den Novizen gemeinsam das Abendessen einzunehmen.
aus „Das Herz des blauen Drachen“ Teil 1 – Ein uralter Schwur –