Aus dem Leben eines Welsh Ponys – Tagebuch des Bösen #1

Eintrag #1 am 10.696 Tag meines irdischen Daseins.

Vermutlich sollte ich aber besser Gefangenschaft sagen. Seit ich nämlich die Augen in dieser Welt öffnete und das erste mal die Sonne erblickte, habe ich nach dem Blick auf den Himmel und seine fantastisch unvorstellbare grenzenlose Offenheit als nächste meinen Blick gesenkt … und nur noch Zäune gesehen.

Zweibeinige Wesen, die sich selbst ‚Menschen‘ nennen, stellen sie auf, um unser eins den freien Zugang zu den wirklich interessanten Orten dieser Welt zu verwehren.  Meine Mutter hat mir allerdings schnell gezeigt, dass jede Art von Zaun – oh ja, diese perfiden Abartigekeiten kennen in ihrer Variabilität keine Grenzen – dennoch irgendwo eine Schwachstelle hat.

Auch der Zaun, hinter dem ich derweil darben muss, hat eine solche. Ich habe es genau berechnet. Es gibt einen vorgegebenen Ablauf, wie und was die Menschen, die sich erdreisten, mich als ihren Besitz zu sehen, jeden Abend machen, wenn sie kommen um uns von unserem langweiligen Stück Gras wieder in den Bunker zu bringen.

Ich bin ja mal gespannt, wer kommt. Wenn es der große Ältere ist, dann wird es heute ganz einfach. Der ist einfach zu gutmütig.

Da ertönt ein schriller Pfiff. Verdammt. Die hat mir grade gefehlt. sie war auch mal so ein kleines Naives Blondchen mit Zöpfen, das auf ein Klimpern meiner großen braunen Augen dahin geschmolzen ist. Aber mittlerweile.

Doch oh … was tut sie denn da. OHA, ein bisschen langsam heute, junge Frau, was?

Haha das schaff ich bevor sie den Zaun wieder zu hat. Nur einmal kurz Anlauf. Dreißig ist doch kein Alter für eine wie mich. Freiwihihihihihihieit!

Kom, Zihetochter, nimm deine dusselige schwarze Tochter mit, jetzt zeig ich dir endlich die Welt. PAH, Mensch, da guckste dumm aus der Wäsche wie?

Etwas später an diesem Abend:

 

Ich hänge an einem Strick. Natürlich hänge ich wieder an einem Strick. Und ich kann ruckeln und zuckeln so viel ich will. Ach Mensch Leute, warum seid ihr denn so Weicheier? Ich hätte euch gar nicht mitnehmen sollen.

Wenn der Schimmel nicht so fett gefressen und selbstgefällig angehalten hätte, wäre mein Ziehkind mir weiter gefolgt. Die vertraut mir blind. Ganz egal was ihr ‚Frauchen‘ für Töne von sich gibt. Pfeifen rufen, Schreien, Bitten. Hilft nicht. Ich bin die Chefin hier im Ring. Kapier es endlich.

Allerdings muss man den Menschen lassen, dass sie gar nicht so dumm sind. Mich mit den großen dröhnenden Radmaschinen ein zu kreisen und dann von hinten angelaufen kommen. Wenn die anderen sich dann noch ergeben, hab ich einfach keine Chance. Dabei bin ich nicht weit gekommen. Grade so zum Nachbarort. Und ich habe es wieder nicht gefunden.

Dreißig Jahre suche ich jetzt und suche und suche. Aber ich gebe nicht auf. Zumal ich mich dieses Jahr wieder richtig fit fühle. Muss an dem seltsamen Pamps liegen, den ich aus dem Schweinetrog zu fressen kriege. Unverschämtheit eigentlich. Dabei gibt es Hafer im Überfluss. Dass hat meine Ziehtochter mir erzählt. Eine ganze Tonne voll. Steht genau vor ihrem Kerker.

Diese Menschen sollen sich mal in acht nehmen. Säuseln immer von, armes altes Mädchen. Pah! Wenn die wüssten. Ich fange doch gerade erst richtig an.

 

French Sikanda, Tochter des King

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